Leonardos Triumph mit seinem Letzten Abendmahl ermutigte ihn dazu, mit der Bearbeitung des Sforza-Monuments fortzufahren, dessen Modell für die letzten drei Jahre zur Bewunderung aller Betrachter im Corte Vecchio des Castello gestanden hatte. Er war mit Luca Pacioli und Borgo San Sepoicro, eine neue und enge Freundschaft eingegangen. Der große Mathematiker Sepoicro, dessen Summa de aritmetica, geometrica etc. er bei der Ersterscheinung in Pavia Neugier erworben hatte, war am Hof von Mailand ungefähr zur Zeit der Vollendung des Cenacolo angekommen. Pacioli war gleichermaßen erstaunt und erfreut über Leonardos beiden großen Errungenschaften in Skulptur und Malerei, und mehr noch über das Genie für mathematische, physikalische und anatomische Forschungen, das sich in den Manuskriptsammlungen zeigte, die der Meister ihm zeigte. Die zwei begannen zusammen an den Materialien für Paciolis nächstes Buch De divina proportione zu arbeiten. Leonardo erhielt Paciolis Hilfe bei Berechnungen und Messungen für die große Aufgabe der Bearbeitung des Bronzepferds und Reiters.
Aber er wurde bald von Ludovico für eine andere Unternehmung in Anspruch genommen, die Fertigstellung der Innendekoration, die bereits von anderer Hand begonnen worden war, bestimmter Kammern des Castello, des Saletta Negra und des Sala delle Asse. Als im letzten Jahrzehnt des 19. Jahrhundert das Gebäude gründlich untersucht und repariert wurde, erhielt der ausländische Student Paul Müller-Walde die Erlaubnis, unter den neu verputzten und getünchten Raumdecken Spuren von Leonardos Handwerk freizulegen, das mit diesem Auftrag identifiziert werden könnte. In einer kleinen Kammer wurde ein Zierstreifen mit Cupidos vermischt mit Blattwerk freigelegt; aber nach dieser konnte nur der Hand eines späteren und nachlässigen Dekorators der Schule zugeschrieben werden, der von Raffael ebenso wie von Leonardo beeinflusst war. In einem anderen Raum (Sala del Tesoro) wurde eine gigantische kopflose Figur wieder entdeckt, in aller Wahrscheinlichkeit von Merkur, die zuerst Leonardo zugeschrieben wurde, dann aber wahrlich richtigerweise Bramante. Aber im großen Sala delle Asse wurden reichlich Spuren von Leonardos eigener Hand gefunden. Hinreichende Anteile der Dekoration wurden in gutem Erhaltungszustand gefunden, so dass das Ganze restauriert werden konnte. Für diese und andere künstlerische Arbeiten wurde Leonardo 1498 mit der Schenkung eines Gartens außerhalb der Porta Vercelli belohnt, zu einer Zeit, als Geld nur mit Schwierigkeit floss und sein Gehalt lange im Rückstand war.
Aber wiederum bekam er nicht die Erlaubnis, diese Aufgabe zum Ende zu bringen. Er wurde als leitender Militäringenieur (ingegnere camerale) abberufen und mit der speziellen Aufgabe betraut, die Kanäle und Wasserwege des Herzogtums zu inspizieren und zu pflegen. Gefahren zogen sich über Ludovico und dem Staat Mailand zusammen. Frankreich war Ludovicos Feind geworden; und Ludwig XII., der Papst und Venedig hatten ein Bündnis gebildet, um sein Fürstentum unter sich aufzuteilen. Er rechnete damit, sie mit der Bildung einer Gegenallianz der norditalienischen Fürstentümer aufhalten zu können, und indem er die Türken gegen Venedig und die Deutschen und Schweizer gegen Frankreich aufwiegelte.
Allerdings kam es ungelegenerweise zum Krieg zwischen Deutschen und Schweizern. Ludovico reiste nach Innsbruck, um seine Interessen besser vorantreiben zu können (September 1499). In seiner Abwesenheit marschierte Ludwig XII. ins Milanese ein, und die Offiziere, die zur Bewachung der Stadt zurückgelassen worden waren, übergaben sie ohne Widerstand. Der eingefallene Souverän begab sich mit seinem Gefolge nach Santa Maria della Grazie, um das berühmte Gemälde des Abendmahls zu bewundern, und fragte, ob es nicht von der Wand abgenommen und nach Frankreich transportiert werden könne. Der französische Leutnant in Mailand, Gian Giacomo Trivulzio, erbitterter Feind Ludovicos, begann mit der Ausübung einer rachsüchtigen Tyrannei über die Stadt, die so lange die Gewalt des Usurpators erduldet hatte.
Große Künstler waren gewöhnlich von den Konsequenzen von politischen Revolutionen ausgenommen, und so beauftragte Trivulzio früher oder später Leonardo mit dem Entwurf eines Reiterdenkmals für ihn selbst. Leonardo, der während der zwei Monate des neuen Regimes ungestört in Mailand geblieben war, der aber wusste, dass Ludovico einen Schlag zur Wiederherstellung seiner Macht vorbereitete, und dass erneuter Aufruhr folgen würde, hielt es für das beste, für seine eigene Sicherheit zu sorgen. Im Dezember verließ er Mailand mit seinem Freund Luca Pacioli, nachdem er etwas von seinen bescheidenen Ersparnissen zur Anlage nach Florenz geschickt hatte. Seine Absicht war es, die Ereignisse abzuwarten. Sie entwickelten sich in eine Richtung, die ihn für die nächsten sieben Jahre zu einem Fremden in Mailand machten.
Ludovico kehrte an der Spitze einer Armee aus Schweizer Söldnern im Februar 1500 siegreich zurück und wurde von der Bevölkerung, die von der Unterdrückung durch die Invasoren angewidert war, willkommen geheißen. Aber im April wurde er nochmals von den Franzosen in einer Schlacht bei Novara gestürzt, nachdem die Schweizer im letzten Moment ihre überfällige Bezahlung gefordert und sich geweigert hatten, gegen eine von La Trémouille geführte Truppe ihrer eigenen Landsleute zu kämpfen. Ludovico wurde gefangen genommen und nach Frankreich verschleppt. Die Stadt, die beim ersten Einmarsch Ludwig XII. streng geschont worden war, wurde geplündert; das Modell von Leonardos großer Statue wurde laut Augenzeugen zur Zielscheibe für Gascon-Schützen gemacht. Zwei Jahre später bat der Herzog Ercole von Ferrara den Leutnant des französischen Königs in Mailand um das Modell, so beschädigt es auch war, zur Verschönerung seiner eigenen Stadt. Aber nichts kam bei diesem Ersuchen heraus, und innerhalb kurzer Zeit scheint das Denkmal ganz zerstört worden zu sein.